Interview mit Avi Fichtner über Startups in der Glücksspielbranche
Nextuptech hatte die Gelegenheit, sich mit Avi Fichtner über Startups in Tel Avi und Startups in der Glücksspielbranche zu unterhalten. Das Interview lesen Sie hier:
Hannes: Hallo Avi, Sie leben ja sozusagen im Herzen der Startups. Wie fühlt es sich an, tagtäglich mit potentiellen neuen Börsensuperstars in Berührung zu kommen?
Avi: (lacht). Ja ich leben in der Tat in Tel Aviv und Tel Aviv hat sich neben dem Silicon Valley als Startup Schmiede etabliert. PHP ist hier erfunden worden, genauso wie USB. Waze hatte hier seine Anfänge in einem bescheidenen Büro und Startups sind hier aller Munde. Im täglichen Leben fällt es aber ehrlich gesagt gar nicht so auf, dass es in Tel Aviv von Startups nur so wimmelt. Die meisten Leute gehen ihren Beschäftigungen nach und sind mit dem täglichen Routinen beschäftigt, d.h. man kommt nicht ständig mit neuen heißen Startups in Berührung.
Hannes: Man bekommt von den ganzen Startup Abenteurern im Alltag also kaum etwas mit?
Avi: Ja, das ist richtig. Es kommt natürlich auch sehr darauf an, in welchen Kreisen man sich bewegt und wo man arbeitet. Wenn man selbst bei we work arbeitet, kommt man zwangsläufig mit vielen Startups in Berührung.
Hannes: Was ist we work?
Avi: We Work ist ein Konzept für die neue Generationen von Webworkern bzw. Startups. Anstatt von zu Hause oder in einem teuren Büro zu arbeiten, mietet man sich in einem Büro ein. Das hat mehrere Vorteile: man muss nicht mehr von zu Hause arbeiten und hat einen Arbeitsplatz, andem man täglich erscheinen kann. Man muss sich um nichts selber kümmern: es gibt Internet, eine Kaffeemaschine und Bier. Natürlich funktioniert das Internet und man kann mit seinem Laptop gleich mit dem Arbeiten beginnen. Zudem kommt man mit anderen Selbständigen in Kontakt und kann Erfahrungen austauschen. Wework ist übrigens selbst ein Startup, das in den letzten Jahren einige Milliarden Dollar Investitionskapital eingesammelt hat. Die Idee kam allerdings aus Tel Aviv auch wenn das Unternahmen heute in New York beheimatet ist.
Hannes: Sie sind selbst erfolgreicher Unternehmer im Bereich Glücksspiel. Wie ist Ihnen die Idee dazu gekommen?
Avi: Die Gehälter in Israel sind nicht sonderlich attraktiv und die Lebenshaltungskosten gleichzeitig sehr hoch. Man wird durch die Umstände förmlich in die Selbständigkeit gedrängt. Ich hatte zudem einen guten Freund, der mich dazu motiviert hat, das Glück in meine eigenen Hände zu nehmen. Ganz ehrlich – ich sehe mich auch nicht als wirkliches Startup. Ich kreiere hochqualitative Websites auf und kann von den Werbeeinnahmen gut leben. Die Partnerprogramme im Glücksspielbereich sind recht profitabel.
Hannes: Sie haben sich also mit Webseiten zum Thema Glücksspiel selbständig gemacht?
Avi: Ja, das habe ich. Ich habe in meinem vorherigen Job als Angestellter solche Webseiten aufgebaut. Der Schritt in die Selbständigkeit lag also nah. Anders als in anderen Branchen sind ja keine hohen Investitionen erforderlich. Eine Webseite aufsetzen kann im Prinzip jeder.
Hannes: Was sind die Themen der Webseiten?
Avi: Es gibt zwei große Themenkomplexe. Zum einen ist es der Bereich Online Casinos und Spielautomaten. In meiner Anfangszeit habe ich eigentlich nur Webseiten zum Thema Spielautomaten aufgebaut. Das hat sich in der letzten Zeit geändert. Ich arbeite eher an Webseiten zur rechtlichen Situation in Deutschland mit Empfehlungen von Anbietern, die nach deutschen Recht operieren.
Hannes: Und der zweite Themenbereich?
Avi: Ja, beim zweiten Themenbereich merkt man, dass ich schon etwas älter bin. Der zweite große Themenbereich sind Informationsseiten zu Spielbanken, also Casinos in der offline Welt. Da geht es nicht nur um Deutschland, sondern um Casinos in ganz Europa. Mein deutsches Portal mit qualitativ hochwertigen Erfahrungsberichten von Spiebanken ist allerdings das beliebteste. Diese Seite ist so beliebt, dass ich sie auch in anderen Sprachen umgesetzt habe, z.B. auf Dänisch und Spanisch.
Hannes: Würden Sie anderen empfehlen, sich in diesem Bereich selbständig zu machen?
Avi: Nein, davon würde ich zurzeit abraten. Die rechtliche Lage in Deutschland ist zurzeit zu undurchsichtig. Das liegt ganz einfach daran, dass es keine gültige Regulierung gibt. Die aktuelle Regulierung hat zwar keine Gültigkeit, läuft aber erst Ende 2017 aus. Ich denke, dass es erst dann eine neue Regulierung geben wird. Und ob diese neue Regulierung attraktiv für Anbieter (Online Casinos) ist, kann man jetzt noch nicht absehen.
Hannes: Warum muss eine Regulierung attraktiv sein?
Avi: Nun ja, bei einer Regulierung spielen Spieler, der Staat und die Betreiber, also die Online Casinos bzw. Sportwetten- und Pokeranbieter eine Rolle. Der Staat setzt die Rahmenbedingungen für das Glücksspiel und die Betreiber müssen diese umsetzen und Steuern auf die Einnahmen bezahlen. Die Spieler müssen zu fairen Konditionen spielen können. Um eine Monopolbildung zu verhindern, alle Anbieter, die bereit sind, die Bedingungen des Staates zu erfüllen, zugelassen werden. Das war bei der letzten Regulierung nicht der Fall. Die Anzahl an Lizenzen sollte limitiert werden, was von der EU Kommission abgelehnt wurde. Zudem müssen die Steuern so gestalltet sein, dass es sich für Anbieter lohnt, ein Online Casino in Deutschland zu betreiben. In Frankreich z.B. sind die Steuern so hoch, dass es nur sehr wenige Anbieter gibt, die sich den Markt aufteilen. Das ist schlecht für die Spieler, aber dem Staat egal. Zumindest sehe ich keine Initiativen, dies zu ändern. Da alle diese wichtigen Frage nicht abschließend geklärt sind und daher unklar ist, wie es weitergehen wird, rate ich von Investitionen in den deutschen Markt ab.
Hannes: Gibt es auch positive Beispiele für eine Regulierung?
Ja, definitiv. Die Regulierung in Dänemark gehört aus meiner Sicht zu den besten überhaupt. Der dänischen Regierung ist es gelungen, alle Aspekte zu vereinen. Der Staat hat Einnahmen durch das Glücksspiel, die Steuern liegen aber in einer Größenordnung, die es für Anbieter attraktiv macht, sich für eine Lizenz zu bewerben. Dadurch gibt es recht viele Anbieter, was gut für die Spieler ist, die durch Bonusangebote der Online Casinos profitieren. Das größte Plus ist aber wohl, dass man im dänischen Web eigentlich keine illegalen Anbieter sieht, d.h. Anbieter, die nicht in Dänemark reguliert sind. Das ist ein großer Erfolg für die Regulierung. In Frankreich sieht es leider ganz anders aus. Sucht man nach “Casino en ligne” findet man eigentlich nur Anbieter, die überhaupt nicht in Frankreich reguliert sind, sondern Lizenzen aus Curacao haben, also Südseecasinos. Von Spielerschutz kann man da leider nicht sprechen, denn die Anbieter aus Curacao können mit den Spielern machen, was sie wollen. Selbst Schuld kann man natürlich sagen, warum melden sich die Leute da an. Dabei sind die Angebote der französislchen Anbieter unattrakiv. Profitieren tut also nur der Staat und wird aus meiner Sicht seiner Aufgabe nicht gerecht, die Spieler zu schützen.
Hannes: Welche Formen der Selbständigkeit bietet die Glücksspielbranche eigentlich?
Avi: Es gibt verschiedene Konzepte, die alle nicht spezifisch für die Branche sind. Ich habe eben noch mit dem ehemaligen Marketing Manager eines großen Online Casinos gesprochen, der sich selbständig gemacht hat. Ein neuer Gamblinganbieter hat beschlossen, das komplette Affiliatemanagement auszulagern und da hat der ehemalige Marketingmanager zugegriffen. Das ist natürlich nur eine Möglichkeit. Eine weitere Möglichkeit, sind CPA Deals. Anstelle mit verschiedenen Online Casinos zusammenzuarbeiten, kann ein Webmaster entscheiden, mit einem Metaaffiliateprogramm zu arbeiten, d.h. eine Firma hat Verträge mit mehreren Online Casinos und bringt über Webmaster neue Spieler. Da die “Firma” mehr Spieler bringt als ein einzelner Webmaster, erhält sie bessere CPA Deals. Daher kann die “Firma” bessere Deals für die Webmaster anbieten. Auch hier wird ein Teil des Affiliatemanagements ausgelagert. Weitere Möglichkeiten sind natürlich, selber ein Online Casino zu eröffnen bzw. Informationewebseiten zu machen.
Hannes: Avi, vielen Dank für das Interview!
Avi: Das mache ich immer gerne, ebenfalls danke!